Pete Dexter: „Paris Trout“

Pete Dexter: „Paris Trout“, Roman aus dem Englischen von Jürgen Bürger, die amerikanische Ausgabe erschien zuerst 1988 unter gleichem Titel in New York, die deutsche Ausgabe in München 2008, 415 Seiten, 22 Euro

Kein kurzes Buch, durchaus eines, das Qualitäten hat. – Dass es allerdings den National Book Award 1988 bekam, erstaunt doch eher. Ohne sich Gedanken über die damalige Konkurrenz zu machen: Dexter kann etwas und es erscheint stimmig, dass er Drehbuchautor ist. Aber als Ganzes überzeugt der Entwurf nicht, schon aus einem ganz prinzipiellen Grund. Wenn man einen zutiefst pathologischen Fall zum Kern eines ganzen Romans macht, kann man nahezu alles machen; das trägt nicht, das vermindert auch die Spannung: Alles ist möglich.
Der Roman spielt in Cotton Point, Georgia, der Fünfziger Jahre. Und wie man das mit den Südstaaten der USA klischeehaft assoziiert, dort herrscht Rassismus. Paris Trout, der Protagonist, ist dieser, natürlich reiche, wohl eher a- als unmoralische Rassist, der sich in einer Weise selbst Gesetz ist, dass er – fast – einen rechtsfreien Raum kreiiert. – Zumal die eigentümliche Duldungsstarre seiner Mitbürger ihm alles durchgehen lässt. – Nur fragt man sich: Warum? Das wird im Roman nicht motiviert. Auch manch anderes nicht. Aus diesem Topf schöpft der Autor. Einzelne Szenen und Passagen sind gut, aber was zählt das, wenn die Konstruktion nicht überzeugt? Und so lässt auch die Spannung in etwa nach der Hälfte des Buches doch deutlich nach.
Die Figur Paris Trout ist zu undifferenziert, zu monokausal angelegt um spannend zu sein. Da helfen alle ihre Gewalttaten nichts. Er begründet und argumentiert nicht – es ist schlicht wie es ist. Das ist zu wenig.
Und sollte die Spannung dadurch erzeugt werden, wie die Bevölkerung auf diesen pathologischen Fall reagiert – oder eben nicht reagiert? Denn diese ist ja ebenso einseitig, sie lässt ihn gewähren, ist nicht empört, schreitet nicht ein.
Und soll das kritisch beleuchtet werden?
Ja, sicher, aber das kann man auch leicht ohne 400 Seiten Vorbereitung. Zudem: Ist das nicht eine recht wohlfeile, abgegriffene und späte Anklage? Was hat den Menschen der Jury so gut gefallen?


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