Allan Guthrie: „Abschied ohne Küsse“, übersetzt von Gerold Hens, Berlin 2008, Reihe „Hard Case Crime“, im Original unter dem Titel „Kiss her Goodbye“ 2005, 285 S., Taschenbuch 9,90.-
Die Aufmachung des Buches ist trashig-schrill, sie gibt Auskunft über die Reihe: „Hard Case Crime“ und das Umschlag-Bild, das aber nur sehr begrenzt zum Inhalt passt, bzw. ihn auf den Kopf stellt, bringt Sex und Crime zusammen. Aber manchmal hat man ja vielleicht Lust auf einen Reisser. Dieses Buch erweckt zunächst den Eindruck, einer zu sein, aber im Lauf der Lektüre hat man denn doch Zweifel.
Zwar spielt der Baseballschläger eine der Hauptrollen und „Arschloch“ und ähnliches sind viel gebrauchte Worte, aber das macht nicht die Härte eines Krimis aus und kann einem auch, wenn dergleichen zu sehr strapaziert wird, wie es hier der Fall ist, auf den Wecker fallen. Man zählt unwillkürlich mit. Ohnehin kann man sich fragen: Braucht man diese Sprache?
Je weiter man liest, desto mehr wird deutlich, dass es sich mit „Abschied ohne Küsse“ um einen ganz normalen, gut gebauten Krimi handelt. Er hat nicht die Finesse, den eigenen Ton und die literarische Qualität wie etwa bei Rick de Marinis, hätte aber andererseits vielleicht auch nicht das Aufpeppen (?) mit zu viel stumpfer Gewalt und Gossenvokabular nötig. Auch wenn wir uns hier im Streubereich von Alkohol, Pferdewetten und Huren bewegen.
Ohnehin versucht der Krimi ein Spagat, der so vielleicht nicht funktionieren kann: Er ist perspektivisch ganz nah bei seinem Protagonisten Joe, einem Schuldeneintreiber, der als Knochenbrecher seine Brötchen verdient. Auf der anderen Seite soll dieser Joe zum Sympathieträger und Opfer werden und war sogar an der Uni und packt zwei Bücher ein, wenn er kurz verreist.
Wie bei Krimis üblich startet das Buch in medias res und es geht flott voran, liest sich leicht, aber im Verlauf des Buches lässt das Tempo dann doch auch mal nach – um am Ende in einem Showdown noch einmal angezogen zu werden. Nur wirkt dieser dann doch sehr konstruiert.
Sicher kein Buch, das man gelesen haben muss. Es ist nicht schlecht gemacht, kommt irgendwann zum klassischen Schnitt – Gegenschnitt – System, das es erlaubt, mehrere Handlungsebenen zu verfolgen und bereits qua Konstruktion die Spannung hochhält.
Es ist unterhaltsam, wenn man diese Art Literatur mag, mehr als Unterhaltung oder Klolektüre ist es aber nicht. Wenn man Anspruchsvolleres, Schrägeres, sprachlich Phantasievolleres in dieser Richtung bevorzugt, greife man zu Rick de Marinis „Kaputt in El Paso“ (hier im Blog besprochen).
Ein paar coole, witzige Sprüche gibt es hier auch, aber auch hier ist de Marinis haushoch überlegen.
Und natürlich – kaum anders zu erwarten – gibt es auch hier wieder ein gutes Mass an Druckfehlern. Buchstaben fehlen, mal ist ein Wort zu viel (z.B. S. 35, S. 49, S. 54, S. 65, S. 72, S. 90, S. 113, S. 137, S. 171 usw. usf.), selbst „das“ und „dass“ sind wieder einmal verwechselt (S. 110) (der Leser stöhnt!) und bei einer Bemerkung wie „die Nacht dunkel und formlos“ regen sich Zweifel an der Übersetzung: Was wäre eine formlose Nacht oder wie hiess das im Original?
Der Autor ist 1965 geboren, lebt in Edinburgh und wird als Shootingstar der britischen Krimiszene gehandelt. Mit diesem Buch eröffnet er die „Hard Case Crime“-Reihe des Rotbuch-Verlages, dieses Buch gilt als das bisher beste der drei erschienenen.
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